Weibel 1825, Schweizerische Nationalbibliothek, Sammlung Gugelmann

Geschichtliches

Die Pfrundscheune — ein historisches und architektonisches Denkmal

Seit dem frühen Mittealter war es üblich, dass der Geistliche einer Pfarrkirche aus den Erträgen der dieser Kirche gehörender Güter unterhalten wurde. Die Pfründe (von lat. praebenda = Unterhalt, von praebere = darreichen, geben) bezeichnete sowohl den Nutzen als auch das damit verbundene Amt. Die Besoldung der Pfarrer aus den Erträgen des Kirchenguts wurde auch nach der Reformation beibehalten. Das Pfrundgut bestand aus Gebäuden, Vieh, Ackerland, Wiesen und Wald, gegebenenfalls auch aus Reben. Zur Pfarrkirche und zum Pfarrhaus gehörte deshalb auch ein Ökonomiegebäude, meist in Form einer Pfrundscheune. Sie enthielt im Erdgeschoss Ställe für Pferde, Kühe, Schweine, Schafe oder Ziegen sowie Tennen und Remisen, im Obergeschoss wurden Heu, Stroh, Korn und andere Vorräte gelagert. Die Pfrundscheune ist als Baukörper dem Pfarrhaus oft und bisweilen sogar der Kirche durchaus ebenbürtig.

Kirche, Pfarrhaus und Pfrundscheune bilden vielerorts noch heute ein architektonisches Ensemble, das den Charakter eines Pfarreibezirks auszeichnet. Oft gehörten auch Kleinbauten wie etwa Speicher, Ofenhaus oder Waschhaus dazu.

Die Bewirtschaftung des Pfrundgutes wurde ursprünglich von Knechten besorgt, später aber üblicherweise einem Pächter übertragen. Der Staat – seit der Reformation meistens der Inhaber des Kirchensatzes und damit der Pfrundgüter – hat den Pfrundscheunen deshalb grosse Bedeutung beigemessen. Die Berner Obrigkeit hatte sie im 17. und 18. Jahrhundert landauf, landab neu erbauen oder vergrössern lassen. 1804 übernahm der Kanton Bern die Verwaltung der Pfrundgüter und die Pfarrer erhielten ihren Lohn fortan in Geld. Ihrem ursprünglichen Zweck heute meist entfremdet, werden die unter Denkmalschutz gestellten Scheunen oft kulturell oder multifunktional genutzt.

Margrit Wick-Werder, Dr. phil., Historikerin

Die Pfrundscheune von Sutz

Die 1615/16 vom Nidauer Maurer und Steinhauer Hans Heinrich Begging und Söhnen neu erbaute Pfrundscheune erhielt beim Umbau von 1731/1735 ihre heutigen Ausmasse. Weitere Veränderungen erfolgten im 19. Jahrhundert, wobei auch die mit der Jahreszahl 1616 und dem Berner Wappen versehene Türeinfassung versetzt wurde. Im 18. oder 19. Jahrhundert wurde der Trüel (Kelter) vom Pfarrhaus in die Pfrundscheune verlegt und fortan von den Dorfbewohnern mitbenutzt; nach der Aufhebung der Pfrundreben (1891) wurde er demontiert. Von einem kleinen, ostseitigen Anbau unbekannter Bedeutung sind noch die Spuren des Daches im Verputz erkennbar (vgl. Ansichten von Samuel Weibel [1825] und Friedrich von Rütte [um 1870] sowie Plan der Pfrunddomäne [1900]).

Von den einstigen Ställen sind nur noch die Raufenläden im Tenn erhalten; alle andern Strukturen sind durch jüngere Eingriffe (Garage, Werkstatt, Remise, WC-Anlagen) zerstört. Das Obergeschoss hingegen ist weitgehend erhalten. (Nach Andres Moser, Kunstdenkmäler des Kts. Bern, Landband III, S. 222)

Eine sorgfältige, heutigen Bedürfnissen angepasste und unter der Obhut der Denkmalpflege durchgeführte Umnutzung kann die Pfrundscheune als markantes Element des Kirchenareals von Sutz nur aufwerten.

Margrit Wick-Werder, Dr. phil., Historikerin